In 9 Schritten zu einer erfolgreichen Rückwärtsauktion

Andy Chiang
Andy Chiang
Director, Product Management, Coupa Software

Andy is the product manager for Coupa Invoicing and Coupa Sourcing. Prior to Coupa, Andy worked in strategic sourcing and supply chain at Gap Inc. When not at work, he enjoys sourcing honey from his home apiary.

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In 9 Schritten zu einer erfolgreiche Rückwärtsauktion

In meinen letzten Beiträgen habe ich von zwei Unternehmen berichtet, die über das Quick-Start-Programm von Coupa Sourcing mit Rückwärtsauktionen fantastische Ergebnisse erzielt haben. Im Gegensatz zu einer Standard- oder Vorwärtsauktion, bei der mehrere Käufer immer höhere Gebote unterbreiten, erhält der Käufer bei einer Rückwärtsauktion von mehreren Verkäufern immer niedrigere Gebote. Eine Rückwärtsauktion ist für den Käufer weniger zeitaufwendig und kostengünstiger, da alle potenziellen Anbieter gleichzeitig an einer rasanten und stark strukturierten Auktion teilnehmen können. Rückwärtsauktionen sollten deshalb fester Bestandteil von Sourcing-Programmen sein. Hier stelle ich Ihnen eine Best Practice des strategischen Sourcing vor, nämlich eine effiziente Rückwärtsauktion.

1. Analysieren Sie den Markt

Finden Sie als Erstes heraus, ob eine Rückwärtsauktion für die Ware oder Dienstleistung, die Sie beschaffen wollen, geeignet ist. Dabei sind zwei Faktoren sind ausschlaggebend: der Markt und Ihre Position an diesem Markt.

Analysieren Sie den Markt für die gewünschte Ware oder Dienstleistung. Wird der Markt eher vom Käufer oder vom Verkäufer bestimmt? Nehmen wir einmal an, Sie haben als Einzelhändler Bedarf an Spielzeug und wenden sich dabei hauptsächlich an Hersteller im Ausland. In einem Verkäufermarkt werden viele dieser Hersteller bereits sehr beschäftigt sein, was daran liegen kann, dass Juni ist und sie schon mit Urlaubsaufträgen ausgelastet sind. Wenn Sie lediglich 500 Spielzeugartikel kaufen möchten, die Anbieter aber in der Regel nur Bestellungen mit einer Stückzahl von 1.000 bearbeiten, dürften Sie als Unternehmen wenig attraktiv für diese Lieferanten sein. Eine Rückwärtsauktion würde sich hier aufgrund der geringen Anzahl an Bietern nicht lohnen oder die Teilnehmenden wären wenig motiviert, Ihnen Bestpreise zu bieten.

Vielleicht handelt es sich aber um einen Käufermarkt: In der Warengruppe sind viele Lieferanten aktiv und der Wettbewerb ist groß. Auch aktuelle Ereignisse können eine Rolle spielen. Wenn beispielsweise ein großer Einzelhändler gerade einen Großauftrag storniert hat, kommen den Lieferanten Ersatzaufträge sicher gerade recht. Das heißt, in einem Käufermarkt wollen Anbieter Ihren Auftrag an Land ziehen, auch wenn er vom Umfang her kleiner ist. Das sind ideale Ausgangsbedingungen für eine Rückwärtsauktion. Deshalb ist es wichtig, vorab ausführlich zu recherchieren, denn nur so können Sie die Markttrends zu Ihren Gunsten nutzen.

2. Werden Sie konkret

Nun legen Sie alle Details Ihrer Anforderung ganz konkret fest. Wenn Sie 10 Anbietern mitteilen, dass Sie 1.000 Mauspads benötigen, erhalten Sie unter Umständen 10 verschiedene Angebote. Denn jeder Lieferant wird Ihnen das Mauspad anbieten, das seiner Ansicht nach Ihren Bedarf am besten deckt. Das ist gut, wenn Sie sich bezüglich des gesuchten Artikels nicht ganz sicher sind. Bei einer Rückwärtsauktion sollten aber alle Lieferanten denselben Artikel anbieten, damit Sie nicht Äpfel mit Birnen vergleichen müssen. Ihre Anforderung müsste also ungefähr so aussehen: 1.000 schwarze Neopren-Mauspads im Format 20 x 20 cm mit Gel-Handgelenkstützen und dem Firmenlogo im Siebdruck oben in PMS # 298c.

3. Erklären Sie Lieferanten, was sie erwartet

In den meisten Warengruppen werden Sie bei der Beschaffung eine Mischung verschiedener Lieferanten vorfinden: Einige sind erfahren und wissen, was auf sie zukommt. Und andere sind noch nicht so vertraut mit Rückwärtsauktionen. Letzteren wurde vielleicht eingetrichtert, dass sich eine Rückwärtsauktion nicht lohnt, da sie die Preise drückt – was zugegebenermaßen auch stimmt. Doch diese Art der Auktion bietet den Lieferanten auch Vorteile.

Eventuelle Bedenken können Sie ausräumen, indem Sie von Anfang an offen und transparent gegenüber den Lieferanten sind. Erklären Sie ihnen direkt, dass Sie den Preis mittels einer Rückwärtsauktion bewerten werden. Und falls der Preis nicht der einzige Faktor für den Zuschlag ist, sollten Sie auch die anderen Einflussvariablen ausführlich erläutern.

4. Ziehen Sie die Auktion bis zum Ende durch

Oft wollen etablierte Lieferanten oder Anbieter, bei denen Sie bereits eingekauft haben, Sie von einer Auktion abbringen, und bieten Ihnen vielleicht direkt 10 % Rabatt an. Das ist sicherlich ein attraktives Angebot. Es deutet aber meist darauf hin, dass die Anbieter durch die Auktion einen noch niedrigeren Preis erwarten. Wenn Sie aber viel ausgeben und Einsparungen durch ein paar zusätzliche Rabattprozentpunkte einen Unterschied machen, dürfte sich die Zeit, die Sie in die Auktion investieren, in jedem Fall rentieren.

5. Werben Sie für die Vorteile

Erklären Sie den Anbietern unbedingt, was sie von einer Rückwärtsauktion haben. Sie können sich zum Beispiel so ein Bild von der Konkurrenz am Markt machen und sehen, wo bei den anderen das niedrigste Preisniveau liegt.

Zudem schaffen Rückwärtsauktionen auch faire Wettbewerbsbedingungen. Sicherlich hat jeder Anbieter schon einmal viel Arbeit in ein Angebot gesteckt hat, um dann ungerechtfertigt zu verlieren – zumindest aus seiner Sicht. Bei einer elektronischen Rückwärtsauktion hingegen liegen allen potenziellen Anbietern dieselben Informationen vor. Fragen der Lieferanten werden nicht einzeln offline beantwortet, sondern Fragen und Antworten sind für alle online zugänglich. So kann jeder die verfügbaren Informationen beurteilen und ein entsprechendes Angebot abgeben.

6. Machen Sie ein Vorangebot

Ein Vorangebot hilft Lieferanten, sich auf die Auktion vorzubereiten und beispielsweise Nachfragen zu Ihren Spezifikationen zu stellen.

Laden Sie die Anbieter nicht einfach zu einer Auktion ein. Lassen Sie sie stattdessen wissen, dass die Auktion aus einem Vorangebot und einer Auktionsphase besteht. Wie bei einer Terminauktion können potenzielle Käufer die Artikel vorab einsehen. In der Vorangebotsphase fordern Sie alle Lieferanten auf, die Informationen herunterzuladen, Fragen zu stellen und ein erstes Angebot zu unterbreiten. So erhalten die Lieferanten Antworten auf eventuelle Fragen und Sie als Käufer können die eingegangenen Angebote prüfen und sicherstellen, dass Äpfel mit Äpfeln verglichen werden.

Die Vorangebotsphase zeigt fast immer Bereiche auf, die für eine reibungslose Rückwärtsauktion optimiert werden müssen. Sie sollten diese Phase daher nicht überspringen.

Bei der von mir beschriebenen Auktion für IT-Hardware beispielsweise bat unser Käufer um Angebote für einen 90-tägigen Servicevertrag für eine bestimmte Hardwarekomponente. In der Vorangebotsphase gingen mehrere Angebote ein, die deutlich unter dem erwarteten Preis lagen und damit zu gut waren, um wahr zu sein. Wie sich aber herausstellte, hatten einige Lieferanten Angebote für einen Servicevertrag über 30 Tage eingereicht, da dies ihrem Standardverfahren entsprach. Wenn uns das nicht vor der Auktionsphase aufgefallen wäre, hätte das die ganze Auktion durcheinander gebracht und wir hätten nochmal von vorne beginnen müssen. Doch dank der Vorangebotsphase haben wir dieses Problem rechtzeitig erkannt und konnten alle wieder auf Kurs bringen.

7. Sprechen Sie die Logistik an

Wenn Sie nach dem Vorangebot interessierte Lieferanten an Bord haben, erklären Sie ihnen den logistischen Ablauf der Auktion. Die meisten Rückwärtsauktionen, die ich beobachtet habe, waren auf 30 Minuten angesetzt, nahmen aber erst in den letzten Minuten an Fahrt auf. Warum also die Auktion nicht gleich auf 15 Minuten ansetzen? Vergewissern Sie sich, dass sich alle online einloggen und mit der Oberfläche vertraut machen konnten. Sie können ein Webinar mit einer Demo für die Anbieter anbieten, in dem sie Fragen stellen können. Oder Sie zeichnen eine Trainingssession auf, die erklärt, wie die Auktion und die Navigation funktionieren, und versenden einen Link dazu. Planen Sie aber auch Zeit für diejenigen ein, die sich am Auktionstag nicht mehr an die Details erinnern oder technische Probleme haben.

Empfehlen Sie den Lieferanten, die Auktion auf mehreren Computern laufen zu lassen. So sind sie abgesichert, falls Windows mitten in einem hitzigen Bietergefecht abstürzen sollte. Auch das Management der Lieferanten sollte rechtzeitig involviert werden, damit diese nicht in den letzten Minuten der Auktion noch nachfragen müssen, welchen Bestpreis sie anbieten können. Lassen Sie außerdem alle wissen, dass die Auktion eventuell nicht nach 30 Minuten endet.

8. Halten Sie sich die Option offen, die Auktion in letzter Minute zu verlängern

Eine weitere wichtige Best Practice ist es, die Auktion bei Bedarf zu verlängern. Von eBay kennen Sie vielleicht die Praxis des Sniping: Sie geben Ihr Höchstgebot in letzter Sekunde ab, damit Sie von niemanden überboten werden können. Sie haben damit strategisch die besten Chancen, die Auktion zu gewinnen. Feste Zeitvorgaben bei einer Rückwärtsauktion können hingegen dazu führen, dass Möglichkeiten ungenutzt bleiben. Warum sollten Sie Ihre Auktion Sekunden nach dem letzten Gebot beenden, wenn es vielleicht andere Anbieter gibt, die das aktuell niedrigste Gebot noch unterbieten möchten?

Ich empfehle deshalb, die Auktion nach dem letzten Gebot automatisch um einen bestimmten Zeitraum zu verlängern. Nehmen wir an, in den letzten Minuten einer 30-Minuten-Auktion wird ein Angebot eingestellt. Mit Tools wie Coupa Sourcing können Sie die Auktion dann automatisch um weitere 5 Minuten verlängern. Wenn in diesen 5 Minuten ein weiteres Angebot unterbreitet wird, verlängert sich die Auktion erneut automatisch um weitere 5 Minuten. Allen Lieferanten wird die Verlängerung angezeigt und sie können weitere 5 Minuten überlegen, ob sie ein besseres Angebot einstellen möchten. Die Auktion endet erst, wenn Ruhe einkehrt und alle Lieferanten ihren bestmöglichen Preis bereitgestellt haben.

9. Erteilen Sie den Zuschlag

Sie müssen den Auftrag bei einer Rückwärtsauktion zwar nicht unbedingt direkt vergeben, es empfiehlt sich aber. Die Anbieter verbringen viel Zeit mit der Vorbereitung und Teilnahme und werden sich künftig nicht mehr an Ihren Auktionen beteiligen, wenn Sie den Auftrag nicht direkt vergeben. Bei einer Rückwärtsauktion sollte einem Bietenden der Zuschlag in der Auktion erteilt werden. Das muss nicht zwingend der erstplatzierte Lieferant sein, aber unbedingt jemand aus dem Bieterfeld. Auf keinen Fall sollte der Auftrag an einen Lieferanten außerhalb der Rückwärtsauktion gehen. Denn damit signalisieren Sie allen anderen, dass Sie sich nicht an die Spielregeln halten. Falls Sie die Auktion nur durchführen, um Informationen zu sammeln, sollten Sie dies offen ansprechen, damit Anbieter entscheiden können, ob sie sich an der Übung beteiligen.

Gut gemachte Rückwärtsauktionen sind für Lieferanten eine gute Geschäftsmöglichkeit und stärken die Position des Einkäufers – denn die Anbieter müssen sich dabei von ihrer besten Seite zeigen. Von Firmen, die Coupa Sourcing nutzen, höre ich teilweise, dass sie durch Rückwärtsauktionen Einsparungen von 15, 20 oder sogar 30 % erzielen konnten. Vorher erhielten sie von ihren Lieferanten nur moderate zeitlich begrenzte Rabatte nach dem Motto „5 % Ermäßigung in diesem Jahr, 2 % im nächsten“. Warum aber sollten Sie sich damit begnügen? Testen Sie den Markt. Sie haben noch nie eine Rückwärtsauktion durchgeführt? Dann probieren Sie es einfach mal aus. Es macht Spaß und kann fantastische Ergebnisse bringen.