So kann die Beschaffung das Vertriebsteam unterstützen

Daryl Hammett
Lesedauer: 6 mins
So kann die Beschaffung das Vertriebsteam unterstützen

Die Beschaffung (also die Einkäuferrolle) ist das genaue Gegenteil vom Vertrieb (der Rolle des Verkäufers). Beide stehen jeweils am anderen Ende einer Transaktion. Der Einkäufer will eine Ware oder Dienstleistung zum günstigsten Preis beschaffen, während der Verkäufer diese zum höchstmöglichen Preis verkaufen möchte. Dabei spielen natürlich auch andere Faktoren wie Qualität oder Service eine Rolle. Doch was mich seit langem fasziniert, ist das „Lernpotenzial“ zwischen Beschaffung und Vertrieb.

Ich war selbst als Führungskraft in der Beschaffung tätig und habe in dieser Zeit enge Beziehungen zu vielen Kolleginnen und Kollegen im Vertrieb geknüpft. Ich konnte sie ganz ungezwungen um Einblicke, Informationen und Praktiken bitten, die meinem Team und mir dann bei Verhandlungen nützliche Dienste leisteten. Im Gegenzug wurde mein Beschaffungsteam zu einer internen Informationsquelle für den Vertrieb, wenn es um Vertragsabschlüsse ging. Dieser gegenseitige Support war stets informell und kam einfach durch unsere Beziehungen zustande.

An genau diesen ungemein wertvollen Wissensaustausch musste ich denken, als mich vor ein paar Wochen ein Freund und ehemaliger Kollege anrief und mich um einen Gefallen bat. Er war inzwischen Senior Vice President of Sales bei einem weltweit tätigen Unternehmen, wollte sein gesamtes Vertriebsteam zu einer Jahrestagung nach Cincinnati bringen und diesem dort ein besonderes Erlebnis bieten. Dafür wollte er einen ehemaligen CPO (das heißt mich) interviewen, um dem Team Einblicke zu gewähren und Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Ich erklärte mich zu einem Gespräch in kleiner Runde mit einigen Mitgliedern seines Teams bereit. Dieses Gespräch sollte dann im Rahmen der Jahrestagung dem weltweiten Vertriebsteam vorgestellt werden.

Vorab bekam ich 25 Fragen. Hier eine Auswahl davon:

  1. Bitte erzählen Sie uns mehr über sich und Ihre berufliche Laufbahn im Einkauf.
  2. Was macht das Leben eines Einkäufers einfacher?
  3. Was erschwert es?
  4. Anhand welcher Kriterien bewerten Sie einen Lieferanten?
  5. Welche Fehler machen Verkäufer bei der Präsentation ihrer Produkte/Projekte am häufigsten?
  6. Welches Verhalten von Verkäufern ist Ihnen wirklich zuwider?
  7. Wie kann Ihnen ein Verkäufer das Leben leichter machen?
  8. ROI-Berechnungen:
    1. Wie bewerten Sie externe und interne ROI-Berechnungen? Macht es einen Unterschied, wer sie erstellt hat?
    2. Welche Amortisationszeit ist ideal? Was gibt bei einem guten ROI den Ausschlag für die Projektfinanzierung?
    3. Gibt es Abteilungen, deren Bestellung glaubwürdiger erscheint als die anderer (z.B. technische Entwicklung, Wartung, Qualität usw.)?
    4. Warum wird eine Bestellung nicht genehmigt, obwohl die Anschaffung einer preisgünstigen Ausstattung die Produktion erhöhen, Ausfallzeiten reduzieren und Arbeitskosten senken könnte?
  9. Ausschreibungen
    1. Wann arbeiten Sie mit Ausschreibungen und wann kaufen Sie einfach ein, was Sie gerade brauchen?
    2. Nach welchen Vergleichsinformationen suchen Sie in einer Ausschreibung? Ist nur der Preis ausschlaggebend oder sind auch Merkmale und Vorteile wichtig?
    3. Welches Gewicht hat die Produkt-/Markenpräferenz des Anforderers bei der Prüfung einer Anfrage?
    4. Wie kann sich ein Verkäufer von hochpreisigen Produkten von anderen Anbietern mit günstigeren Preisen abheben?
  10. Preisverhandlungen
    1. Wie kann man einen Verkäufer am besten dazu bringen, ihre Preise zu senken?
    2. Wenn Sie von einem Verkäufer verlangen, zunächst den besten Preis zu nennen, wie können Sie dann zusätzliche Ermäßigungen bei Auftragserfüllung erwarten? Wie handeln Sie solche Rabatte aus?
    3. Führen zeitkritische finanzielle Anreize zum Ziel? Welche anderen Anreize können etwas bewirken? Vielleicht bei den Verkaufsbedingungen?
    4. Wie könnte ein optimaler Rabatt für mehrere Einheiten aussehen?
    5. Woran erkennen Sie, dass ein Verkäufer den besten Preis genannt hat, zu dem er Ihnen seine Ware/Dienstleistungen anbieten kann?

Wir konnten natürlich nicht alle Fragen behandeln. Schon aus den ersten entwickelte sich eine Diskussion darüber, was in meinen Augen den idealen Verkäufer ausmacht. Genau das habe ich hier in fünf Kernbotschaften zusammengefasst.

Beziehungen sind wichtig

Unterschätzen Sie nie die Kraft von Beziehungen im Geschäftsleben. Jeder macht lieber Geschäfte mit jemandem, den er kennt und dem er vertraut. Bei mir waren immer die Lieferanten gut angeschrieben, die sich bemüht haben, eine Beziehung aufzubauen, noch bevor es um einen konkreten Bedarf ging. Das ist in der Praxis natürlich nicht immer möglich, aber man kann mehr Wert auf die Beziehung legen als auf die eigentliche Transaktion.

Bitte nicht nerven

Das klingt sicher leichter gesagt als getan. Oftmals gilt es, genau die richtige Balance zwischen hartnäckig und nervig zu finden. Meiner Erfahrung gelingt das einigen ganz leicht, während andere scheitern und einfach nur nerven. Mir waren immer die Lieferanten am liebsten, die genau wussten, wann sie nachfassen konnten oder zumindest nachfragten, ob es in Ordnung wäre, nach einer bestimmten Zeit nachzufassen. In einigen wenigen Fällen bin ich ihnen zuvorgekommen.

Reden ist Silber, Zuhören ist Gold

Nichts ist schlimmer als ein Verkäufer, der erst einmal lang und breit seine Ware oder Dienstleistung anpreist, bevor er sich dafür interessiert, was ich eigentlich konkret brauche. Dass ich etwas brauche, ist ja klar, sonst würde ich nicht mit dem Verkäufer sprechen. Aber wer gut hin- und zuhört, dem eröffnen sich unter Umständen Möglichkeiten für weitere Produktverkäufe und/oder Markterweiterungen. Wie wichtig gutes Zuhören für Vertriebsteams ist, wurde mir als CEO von ConnXus klar. Wir konnten erfolgreich vier Produktneuheiten einführen, indem wir unseren Kunden einfach zugehört und versucht haben, ihre Bedürfnisse zu verstehen.

Es geht nicht immer um den Preis

Meiner Erfahrung nach sind Verkäufer oft zu schnell bereit, Zugeständnisse beim Preis zu machen. Das ist sicherlich manchmal notwendig, aber nicht immer. Es gab Fälle, in denen ich viel um die Ohren und einfach zu zögerlich auf ein Angebot geantwortet habe. Die Verkäufer schlossen daraus, dass es am Preis liegen muss und boten mir unaufgefordert einen Preisnachlass an. Den ich natürlich gerne annahm. Besten Dank!

Innovative Lösungen proaktiv einbringen

Ich habe mich immer gefreut, wenn von den Verkäufern proaktiv neue Ideen kamen, wie Kostensenkungen ohne Abstriche bei der Qualität zu erreichen sind, etwa durch verbesserte interne Prozesse, geänderte Spezifikationen oder die Beschaffung von Ersatzprodukten im MRO-Bereich. Das bedeutete für die Verkäufer zwar oft ein geringeres Verkaufsvolumen oder kleinere Gewinnspannen, war aber für unsere Geschäftsbeziehung enorm positiv. Denn würden Sie als Verkäufer nicht auch lieber der Held sein, der wertsteigernde Ideen einbringt, anstatt das der Konkurrenz zu überlassen?

Mein Video-Interview kam beim globalen Vertriebsteam gut an. Mein Freund schickte mir (mit dem Foto oben) diese Nachricht: „Wow, dein Interview war ein voller Erfolg! Vielen Dank nochmal! Und du bist mir hoffentlich nicht böse, dass ich 84 Verkäufern deine Handy-Nummer gegeben habe, damit sie ihren Pitch direkt mit dir einüben können.“ Ich hoffe sehr, dass Letzteres nur ein Scherz sein sollte.

Auch ich habe davon profitiert, denn ich konnte zeigen, wie ein Unternehmen durch Beschaffung einen Mehrwert erzielen kann. Vielleicht kann ich damit andere Firmen motivieren, interne oder externe Beschaffungsressourcen zu nutzen, um ihren Vertriebsprozess und ihre Leistung zu verbessern.

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