Digitale Supply-Chain-Zwillinge – unentbehrlich für resiliente Lieferketten

Matt Tichon
Matt Tichon
VP of Industry Strategy, Coupa

Matt Tichon is the Vice President of Industry Strategy at Coupa, where he serves as a thought leader for the Digital Supply Chain Twin, advanced analytics, and applied AI. With a long history of leading supply chain transformations, he leverages his 25 years of experience in executive and senior-level supply chain roles spanning consulting, technology, manufacturing, and distribution — and is one of Supply & Demand Chain Executive's 2021's Pros to Know.

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Digitale Supply-Chain-Zwillinge – unentbehrlich für resiliente Lieferketten

Fünf Erkenntnisse vom AI Supply Chain Summit im März 2021

Das Konzept digitaler Zwillinge gibt es schon länger, aber oft ist unklar, was das eigentlich ist.

Am leichtesten lässt sich das Prinzip vielleicht anhand eines Flugsimulators erklären. In einem solchen Simulator können Piloten den Umgang mit wechselnden Bedingungen ausprobieren und üben, wie sie ein Flugzeug auch bei schwierigen Bedingungen sicher landen. Dafür bietet ein Simulator Trainingsmöglichkeiten mit vielen verschiedenen Flugbedingungen und Flugrouten. Davon profitieren auch wir Passagiere. Wir können uns entspannt zurücklehnen, weil wir darauf vertrauen können, dass die Piloten genau wissen, was zu tun ist, um die Maschine sicher zu landen.

Und jetzt stellen Sie sich vor, so etwas gäbe es auch für die Planung Ihrer Lieferketten.

Das gibt es, nämlich den digitalen Zwilling.

Was genau ist ein digitaler Zwilling?

Ein digitaler Zwilling ist Ihr sprichwörtlicher Flugsimulator. Er bildet Ihre Supply Chain digital nach, damit Sie nach Lust und Laune verschiedene Optionen und unterschiedliche Szenarien austesten können. Damit können Sie alle Was-wäre-wenn-Szenarien durchspielen oder potenzielle Probleme frühzeitig erkennen. So sind Sie besser vorbereitet und eventuelle Störungen werfen Sie nicht so leicht aus der Bahn.

Hier sind die fünf wichtigsten Erkenntnisse aus meiner Session beim World Digital Supply Chain and Logistics Summit im Dezember 2020.

Fünf Erkenntnisse zu digitalen Zwillingen

Wenn Sie nach der Pandemie wieder auf die Füße kommen und eine resiliente Supply Chain aufbauen wollen, kommen Sie um einen digitalen Zwilling nicht herum. Allerdings kann man bei solchen Zwillingen auch einiges falsch machen. Diese fünf Dinge sollten Sie bei Ihrem digitalen Zwilling beachten.

1. Entscheidungen müssen miteinander verknüpft sein und von außen nach innen laufen

Früher wurden Anwendungen entwickelt, um Entscheidungen innerhalb eines bestimmten Supply-Chain-Bereichs zu optimieren. Oder anders gesagt: Man ist einfach davon ausgegangen, dass alles so bleibt, wie es ist, und keine massiven Störungen auftreten würden, weil das in den meisten Fällen eben so war.

Doch dieser Ansatz ist überholt und führt dazu, dass Kosteneinsparungen und Serviceverbesserungen nicht umgesetzt werden. Warum? Weil Unternehmen früher immer in Silos gearbeitet haben, in denen einzelne Abteilungen wie ein eigener Mikrokosmos funktionierten. Doch inzwischen sind Unternehmen digitaler und komplexer geworden. Und dadurch hat sich auch der Bedarf für ganzheitliche Lösungen und Perspektiven erhöht.

Mit einem digitalen Supply-Chain-Zwilling können Sie Entscheidungen rund um Ihre Lieferketten durchgehend mit Blick auf Gesamtkosten, Wirtschaftlichkeit und Agilität bewerten.

2. KI-Technologie unterstützt wichtige Neuerungen, ohne die Architektur komplett zu ersetzen

Oftmals wird befürchtet, dass mit der Einführung einer neuen Technologie die bisherigen Tools eingestampft werden müssen. Doch eigentlich ist genau das Gegenteil der Fall.

Ein digitaler Zwilling macht Ihr bestehendes System besser und kann die Haltbarkeit Ihrer aktuellen Softwarelösungen verlängern. Der Zwilling extrahiert zentrale Daten bestehender ERP-Systeme und spielt anhand dieser Daten verschiedene Szenarien in einem virtuellen Umfeld durch. Sie können also Ihr bisheriges Framework behalten (und Ausfälle minimieren) und trotzdem mithilfe KI-gesteuerter Supply-Chain-Analysen nach Lust und Laune experimentieren.

Wenn Sie die beste Option gefunden haben, spielen Sie die zugehörigen Masterdaten zurück in Ihr Transaktionssystem, um das im Testlauf ermittelte Ergebnis zu erzielen.

3. Der digitale Supply-Chain-Zwilling kann eigenständig implementiert werden

Eines der großen Schlagworte im Zusammenhang mit Daten ist Demokratisierung.

Damit ist gemeint, dass sich Daten nicht mehr länger unzugänglich in Silos befinden, wo sie nur von Spezialisten genutzt werden können.

Die Demokratisierung von Daten bietet viele geschäftliche Vorteile. Sie können damit Mikroanwendungen für Ihre Beschäftigten implementieren und die Entscheidungsfindung durch KI auf eine breitere Basis stellen. Auf diese Weise können Entscheidungen im Unternehmen einfacher und deutlich schneller getroffen werden und Kapazitätseinschränkungen bei der Datenauswertung lassen sich umgehen.

4. Transformation passiert peu à peu, aber Unternehmen brauchen eine umfassende Vision

Die meisten Supply-Chain-Entscheidungen werden nach und nach getroffen.

Das hat auch lange ganz gut funktioniert. Inzwischen laufen Sie aber Gefahr, dass Sie so nicht mehr mit den Marktbedingungen mithalten können und auf dem Abstellgleis landen. Oder anders gesagt: Sie haben nicht die Zeit, jeden Schritt gründlich zu überdenken oder einzeln zu verfolgen.

Hier kann ein digitaler Supply-Chain-Zwilling helfen. Damit können Sie verschiedene Optionen im Rahmen eines übergreifenden Plans bewerten und ausführen. Und sehen so, wo Sie stehen und welches Ziel Sie erreichen müssen. Sie können Störungen in den Lieferketten vorhersehen und sehen, wann und wo bestimmte Prozesse automatisiert oder beschleunigt werden sollten.

Und was heißt das für Sie? Die Transformation passiert ganz von allein, häppchenweise sozusagen, während Sie sich auf die Geschäftsabläufe konzentrieren.

5. Störungen werden uns erhalten bleiben – wir müssen lernen, damit umzugehen

Im Sport ist es gang und gäbe, sich vorab Taktiken zurechtzulegen, um auf mögliche Spielzüge des Gegners zu reagieren. Das können Sie sich abschauen und auch bei Ihren Lieferketten und Ihrer Unternehmenskultur nutzen.

Genau genommen ist es sogar ein Muss, wenn Sie mit der neuen disruptiven Norm Schritt halten wollen. Denn nur mit einem Notfallplan mit plausiblen Szenarien sind Sie als Unternehmen bei Störungen gut aufgestellt und können angemessen reagieren.

Ihre persönliche Taktik legen Sie mit Ihrem digitalen Zwilling fest.

Ihr digitaler Zwilling macht Sie fit für die Zukunft

In den 2020ern geht nichts ohne einen Supply-Chain-Zwilling. Denn nur mit einem solchen Zwilling bleibt Ihr Unternehmen agil und ist auf Störungen vorbereitet.